Planung und effizienter Betrieb von adiabaten Kühlsystemen
Liebe Leserinnen,
Liebe Leser,
durch die, im Verlauf des letzten Jahres sprunghaft angestiegenen Energiekosten gewinnen energieeffiziente und ökologische Alternativen zur mechanischen Kälteerzeugung zunehmend an Bedeutung. Für den Einsatz in RLT-Anlagen ist hierbei die indirekte Verdunstungskühlung hervorzuheben, welche bereits zum 1. Januar 2019 in die damalige Neufassung der
BAFA-Kälte- Klima- Richtlinie aufgenommen wurde. Demnach wird die indirekte Verdunstungskühlung ebenso wie mit natürlichen Kältemitteln betriebene Kälteanlagen finanziell gefördert. Mit Hinblick auf die aktuelle Situation ist im RLT-Bereich ein deutlicher Anstieg des Bedarfs an dieser Technik zu erwarten.
Der folgende Artikel soll einige Hinweise zur Planung und Installation indirekter adiabatischer Verdunstungskühler geben. Die Berücksichtigung einiger kritischer Punkte bereits in der Planungsphase gewährleistet die Ausschöpfung des vollen Energieeinsparpotenzials und einen dauerhaft zuverlässigen Anlagenbetrieb. Die folgenden Ausführungen gelten für indirekte adiabatische Kühlsysteme grundsätzlich im Allgemeinen, beziehen sich jedoch konkret auf die Systeme der Condair GmbH (Condair ME).
Anwendung und Funktionsweise der indirekten Verdunstungskühlung
Indirekte Verdunstungskühler werden in stets in Kombination mit einem Wärmerückgewinnungssystem in RLT-Anlagen eingesetzt. Hierbei erfolgt die Installation des indirekten Verdunstungskühlers in der Abluft vor der Wärmerückgewinnung. Die folgende Abbildung zeigt den typischen Aufbau einer Installation mit indirekter Verdunstungskühlung und nachgeschalteter Wärmerückgewinnung in einer RLT-Anlage.
Der Verdunstungskühler selbst besteht aus einer Kombination quadratischer Verdunstungsmodule.
Die Verdunstungsmodule verfügen über eine Füllung mit einer großen inneren Oberfläche aus parallel angeordneten, wellenförmigen Lamellen, wobei das Füllmaterial je nach Herstellern aus unterschiedlichen Materialien bestehen kann (z.B. Polyester, Glasfaser etc.). Die Verdunstermodule werden von der Oberseite gleichmäßig mit Wasser berieselt, welches dann langsam durch die wellenförmige Struktur des Füllmaterials nach unten fließt und dessen große innere Oberfläche benetzt. Die durchströmende Abluft führt zur Verdunstung des Wassers auf der inneren Oberfläche des Füllmaterials. Durch den hierdurch hervorgerufenen adiabaten Kühleffekt wird die Temperatur der durchströmenden Luft deutlich abgesenkt.
Je nach Eingangstemperatur und Feuchte des Abluft-Volumenstroms, kann die Temperatur der Abluft um rund 6 bis 10 K abgekühlt werden.
Infolgedessen verfügt die Abluft beim Passieren der nachgeschalteten Wärmerückgewinnung nun über eine deutlich höhere Kapazität zur Wärmeaufnahme aus der Außenluft.
Mechanische Kälteerzeuger und Rückkühlwerke können dadurch mit erheblich geringerer Leistung ausgelegt werden oder gar entfallen, was wiederrum zu einer Einsparungen der zu deren Betrieb benötigten elektrischen Energie führt.
Anforderungen an die Planung und den Betrieb
Zur Gewährleistung eines maximal effizienten und sicheren Betriebs indirekter adiabatischer Kühlsysteme gilt es bereits in der Planungsphase einige Punkte zu beachten. Bereits geringfügige Abweichungen von den Vorgaben können dazu führen, dass die Performance und Funktion des Systems beeinträchtigt werden. Der vorliegende Artikel gibt einen kurzen Überblick über all jene Aspekte,
die besonderen und unmittelbaren Einfluss auf die Leistungsfähigkeit eines indirekten adiabatischen Kühlsystems haben. Im Speziellen werden daher folgende Punkte näher betrachtet:
• Allgemeine Hinweise zur Planung und Integration in die RLT
• Wasseraufbereitung und Wasserqualität
• Auswahl des geeigneten Befeuchtungsmediums
• Energetische Simulation
Allgemeine Hinweise zur Planung und Integration in die RLT
Grundvoraussetzungen für den ordnungsgemäßen Betrieb eines indirekten adiabatischen Kühlsystems sind zunächst eine möglichst gleichmäßige Anströmung der Befeuchtermodule sowie die Gewährleistung einer nach Möglichkeit geringen Strömungsgeschwindigkeit vor dem Verdunstungskühler.
Bei Strömungsgeschwindigkeiten von über 3,5 m/s ist der Einbau eines Tropfenabscheiders
zur Vermeidung von Tropfendurchschlag zwingend erforderlich. Zu den, bei derartigen Strömungsgeschwindigkeiten ohnehin bereits erhöhten Druckverlusten addiert sich der Druckverlust des Tropfenabscheiders, was mit einer erhebliche erhöhten elektrischen Leistungsaufnahme und somit verminderter Effizienz einhergeht. Wann immer möglich, sollte der Querschnitt des RLT-Gerätes bei einem beabsichtigten Einsatz eines indirekten adiabatischen Verdunstungskühlsystems von vornherein so dimensioniert werden, dass auf die Installation eines Tropfenabscheiders verzichtet werden kann.
Dergleichen gilt auch für die Gewährleistung einer möglichst gleichmäßigen Anströmung. Komponenten, die einer gleichmäßigen Anströmung entgegenwirken, sind mit ausreichendem Abstand vor dem Verdunstungskühler zu platzieren, um punktuelle Überschreitungen der maximal erlaubten Strömungsgeschwindigkeit und dadurch bedingten Tropfendurchschlag zu vermeiden.
Qualität des Zulaufwassers
Grundsätzlich können indirekte adiabatische Kühlsysteme mit unbehandeltem Trinkwasser,
enthärtetem oder vollentsalztem Wasser betrieben werden. Auch der Betrieb mit aufbereitetem Regenwasser ist möglich, was sich natürlich aus ökologischer Perspektive als besonders
vorteilhaft darstellt.
Bei allen genannten Wassertypen darf Keimbelastung des Zulaufwassers 100 KBE nicht überschreiten, dies ist ggf. durch zusätzliche Hygienemaßnahmen sicherzustellen.
Gleichwohl bedingt ein maximal effizienter Betrieb, insbesondere bei längeren Anlagenlaufzeiten,
den Einsatz von vollentsalztem Wasser (VE-Wasser). Durch den Betrieb mit vollentsalztem Wasser kann die mögliche Ablagerung von Mineralien auf dem Befeuchtermedium wirkungsvoll vermieden werden. Mineralienablagerungen auf dem Befeuchtermedium führen über kurz oder lang sowohl zu einer Erhöhung des Druckverlustes als auch zu einer abnehmenden Kühlleistung durch verminderte Verdunstungskapazität.
Dem Aspekt des einzusetzenden Zulaufwassers sollte daher bereits früh in der Planungsphase einer indirekten adiabaten Abluftkühlung besondere Beachtung geschenkt werden. Aus Gründen der Effizienz ist der Einsatz einer Umkehrosmose zur Vollentsalzung dringend anzuraten. Der Anlagenbetrieb kann ökonomisch und ökologisch durch die Nutzung von aufbereitetem Regenwasser weiter optimiert werden, diese Möglichkeit sollte bei der Konzeption der Anlage ebenso geprüft und berücksichtigt werden.
Auswahl des geeigneten Befeuchtermediums
Am Markt steht eine Vielzahl unterschiedlicher Befeuchtungsmedien zur Verfügung,
wobei Glasfaserkompositionen und Polyester im Allgemeinen die gängigsten Materialien darstellen.
Welches Material als Befeuchtungsmedium das geeignetste ist, hängt in Wesentlichen von der Betriebsweise, der Betriebsdauer sowie der Qualität des eingesetzten Zulaufwassers ab.
Eine allgemeingültige Empfehlung kann hier demnach nicht ausgesprochen werden.
Von den vorgenannten Faktoren hat jedoch die Qualität des eingesetzten Zulaufwassers den größten Einfluss auf die Auswahl des Befeuchtungsmediums. Wird z.B. vollentsalztes Wasser zum Betrieb des indirekten adiabatischen Kühlsystems eingesetzt, ist zu bedenken, dass dieser Wassertyp sehr aggressiv auf viele Materialien wirkt. In diesem Falle bietet sich dann der Einsatz von Polyester als Befeuchtungsmedium an, da sich dieses gegen VE-Wasser als besonders beständig erwiesen hat. Dementsprechend häufig ist diese Kombination beim Betrieb indirekter adiabatischer Kühlsysteme anzutreffen.
Neben der Kombination Zulaufwasser – geeignetes Befeuchtungsmedium sollte auch geprüft werden,
ob sich die Befeuchtungselemente in Jahreszeiten, in denen kein Kühlbetrieb erforderlich ist, einfach aus der RLT-Anlage entfernen lassen. Durch die Entfernung der Befeuchtungselemente in längeren Phasen der Nichtnutzung kann der Druckverlust merklich verringert und der Anlagenbetrieb somit weiter optimiert werden.
Energetische Simulation
Idealerweise sollte während der Planung eines indirekten adiabaten Kühlsystems eine detaillierte energetische Simulation durchgeführt werden, anhand derer verschiedene Anlagenkonfigurationen
im Hinblick auf eine maximale Effizienz berechnet, verglichen und bewertet werden können.
Eine solche Simulation erlaubt den Vergleich des Betriebs des adiabaten Kühlers in Kombination mit verschiedenen Wärmerückgewinnungssystemen, die Darstellung unterschiedlicher Betriebsarten,
den Einfluss verschiedener Medien und der Positionierung des Abluftventilators auf die Gesamteffizienz des Systems etc..
Darüber hinaus kann der, durch Einsatz eines indirekten adiabatischen Kühlsystems erzielbare regenerative Anteil, anhand einer energetischen Simulation ebenso ermittelt werden wie die mögliche Förderprämie.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Achenbach
Condair GmbH