Campus Kronberg


Campus Kronberg nutzt Abwärme aus Dampf-Luftbefeuchtern 

Mehr Effizienz durch Abgasnutzung



Im Sommer 2014 wurde in die RLT-Anlage des Gebäudes „Gamma“ am Campus Kronberg erstmals ein gasbetriebenes Dampfluftbefeuchtungssystem „Condair GS“ der Condair GmbH eingesetzt und abgenommen. Bei diesem patentierten System werden die Abgase der Gasverbrennung in die Abluft der RLT-Anlage eingeleitet und tragen dadurch zur Leistungssteigerung der Wärmerückgewinnung bei.

Der im Jahr 2002 auf einer Grundfläche von 32.000 m² errichtete Campus Kronberg in der Nähe von Frankfurt besteht aus zwei je fünfgeschossigen Bürogebäuden und einem vorgelagerten, viergeschossigen Multifunktionsgebäude „People‘s Forum“ mit Räumen für Konferenzen, Schulungen, Feiern, Events und einem Restaurant. Die vom Architekturbüro Kaspar Krämer BDA in Köln entworfenen, nahezu vollverglasten Gebäude haben eine Gesamtnutzfläche von 29.000 m² und in drei Untergeschossen Platz für 728 Pkw. Hauptmieter ist Accenture, weltweit agierender Managementberatungs-, Technologie- und Outsourcing-Dienstleister mit rund 293.000 Mitarbeitern (Nettoumsatz von 28,6 Mrd. US-Dollar in Fiskaljahr 2013), das hier seine Zentrale für D-A-CH-Länder hat. Die Büros im Campus Kronberg sind vollklimatisiert (1,5-facher Luftwechsel), besitzen Kühldecken, öffenbare Fenster, außenliegende Sonnenschutzsysteme, Raumautomation und zeichnen sich durch eine hohe Flexibilität in der Flächennutzung und in der Anpassungsfähigkeit an organisatorische und funktionelle Abläufe aus.

Dampfbefeuchtung ersetzt verkrustete Befeuchterwaben
Beim Betrieb von Lüftungs- und Klimaanlagen ist es besonders bei kühlen Außentemperaturen notwendig, die in die RLT-Anlage angesaugte trockene Außenluft kontrolliert zu befeuchten. Nur durch eine ausreichend feuchte Zuluft kann in den Räumen eine zu trockene Luft vermieden und dauerhaft eine gesunde und angenehme Luftfeuchte von mehr als 30 bis 40 % sichergestellt werden. Die Klimaanlage im 12.000 m² großen Gebäude Gamma des Campus Kronberg hat eine Zuluftleistung von 54.000 m³/h (64.800 kg/h). Der damit korrespondierende Abluftvolumenstrom teilt sich in zwei Kanäle auf. Stang Eins hat 30.000 m³/h Abluft (36.000 kg/h) und wird nach der Abgaseinleitung aus der Dampfbefeuchtung und der Wärmerückgewinnung an die Außenluft abgeführt. Die Abluft des Strangs Zwei (24.000 m³/h = 28.800 kg/h) wird in die Tiefgarage geleitet. Zur Wärmerückgewinnung wird ein Kreislaufverbundsystem (KVS) mit einer Rückwärmezahl von etwa 0,4 betrieben. Bisher waren in der Klimaanlage zur Luftbefeuchtung Wabenbefeuchter eingesetzt. Obwohl zum Betrieb dieses Systems das Befeuchterwasser in einer vorgeschalteten Wasserenthärtung aufbereitet wurde, haben sich diese Wabenbefeuchter im Laufe der Jahre zugesetzt 

Anstelle eines möglichen Austausches der Wabenbefeuchter entschied sich der Gebäudebetreiber für eine zukunftsorientiertere und wirtschaftlichere Lösung zur Luftbefeuchtung. Dazu wählte er zwei gasbetriebene Dampfluftbefeuchter der Baureihe „GS“ der Condair GmbH, Garching, mit einer Nenn-Dampfleistung von je 200 l/h. Hinzu kommen eine Umkehrosmoseanlage zur Wasseraufbereitung der Baureihe „AX“ (Entsalzung) mit einer Leistung von maximal 500 l/h und einem Dampfverteilsysteme „Jumbo Esco“, die den erzeugten Dampf gleichmäßig über den Querschnitt im RLT-Gerät verteilen. Die Installation der neuen Anlage erfolgte durch die Bilfinger HSG Facility-Management Rhein-Main GmbH in Hanau. 

Wie funktioniert die Dampfbefeuchtungstechnik?

Im Vergleich zu konventionellen Luftbefeuchtungssystemen besitzt das patentierte Edelstahl-Dampfluftbefeuchtungssystem „Condair GS“ ein außergewöhnliches Alleinstellungsmerkmal: Bei diesem System können die bei der Dampferzeugung freigesetzten Brenngase in den Abluftsektor des RLT-Geräts zugegeben werden - und zwar vor der Wärmerückgewinnung. Die sicherheitstechnische und hygienische Unbedenklichkeit dieses Verfahrens wurde durch ein Zertifikat des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) vollumfänglich bestätigt. Aufgrund dieser Innovation wird die Dampfluftbefeuchtung in zentralen RLT-Geräten einfacher, effizienter und wirtschaftlicher. Bei gasbetriebenen Condair GS Dampfluftbefeuchtern können laut Gutachten des DVGW die heißen Abgase der Abluft zugegeben und für die Wärmerückgewinnung genutzt werden. 

In Dampfluftbefeuchtern wird Trinkwasser, das zuvor in einer Enthärtungs- und Umkehrosmoseanlage enthärtet, entsalzt und entmineralisiert wurde, bei etwa 100 °C verdampft. Die dazu notwendige Energie kommt bei der Baureihe „Condair GS“ aus einer Gasfeuerung. Bislang mussten die dabei entstehenden Abgase aufwendig über eine Abgasleitung und einen separaten Schornstein über Dach ins Freie abgeführt werden. Gemäß dem DVGW-Gutachten dürfen die Abgase der Dampferzeugung nun der Gebäudeabluft zugegeben und über die RLT-Anlage ins Freie abgeführt werden. Dieses Verfahren hat drei Vorteile: 

- Die besonders in kühlen und trockenen Jahreszeiten betriebene Dampfbefeuchtung entlastet im Vergleich zur bisherigen Lösung (Luftbefeuchtung mit Wasser über Wabenbefeuchter) die Leistung der Heizregister im RLT-Gerät beziehungsweise erhöht die Heizleistung. 

- Da nun kein eigener Schornstein zur Abführung der Abgase mehr benötigt wird, führt dies zu einer erheblich einfacheren Anlageninstallation und spart Investitionskosten. 

- Durch die Zugabe der heißen Abgase aus der Dampfbefeuchtung steigt die Temperatur des Abluftstroms an. So wird der Wärmeinhalt der Abluft erhöht und es kann in der Wärmerückgewinnung im RLT-Gerät mehr Wärme zur Vorerwärmung der Außenluft übertragen werden. 

Wie groß diese zusätzliche Wärmemenge ist, die durch die Abgasbeimischung gewonnen wird, hängt von der Betriebsweise des Dampfbefeuchters ab (Voll- oder Teillast). Dabei wird die zur Luftbefeuchtung benötigte Dampfmenge in Abhängigkeit von den Betriebsbedingungen (Temperatur und Feuchte der Außenluft, Feuchte-Sollwert der Zuluft) exakt geregelt und im RLT-Gerät über ein Verteilsystem der Außenluft zugegeben. 

Die zusätzlich nutzbare Abgas-Heizleistung 
Bei den im Campus Kronberg eingesetzten Dampfluftbefeuchtern werden pro Stunde maxi-mal 400 kg Dampf erzeugt. Dabei entstehen bei der Verbrennung etwa 540 kg/h heiße Abgase. Durch die Zugabe dieser Abgase wird die Abluft (36.000 kg/h) um etwa 45 kW beziehungsweise um etwa 4,5 K erwärmt. Von den 45 kW zugeführter Wärmeleistung werden in Abhängigkeit von der Qualität der Wärmerückgewinnung im RLT-Gerät (Rückwärmzahl RWZ) und deren Betriebsweise (mit/ohne Kondensation auf der Abluftseite) zwischen etwa 29 kW (RWZ = 65%) und 34 kW (RWZ =75%) auf die kühlere Außenluft übertragen. Diese Angaben beinhalten jeweils auch die Übertragung von Kondensationswärme. Bei dem im Campus Kronberg eingesetzten KVS-System (RWZ=40%) beträgt die übertragene Wärme bei voller Leistung der Dampfbefeuchtung und Kondensation etwa 18 kW. Um diese Leistung wird der im RLT-Gerät der Wärmerückgewinnung nachgeschaltete Lufterhitzer entlastet.