Taupunktregelung vermeidet Korrosionsschäden
Liebe Leserinnen und Leser,
selbst in modernen, sehr dicht ausgeführten Produktionshallen und Betriebsgebäuden kann die Einströmung von warmer, feuchter Außenluft, insbesondere in den Sommermonaten, nicht vollständig vermieden werden. Die in der Außenluft enthaltene Feuchtigkeit kondensiert an den kälteren Oberflächen als Kondenswasser aus.
Besonders betroffen hiervon sind u.a.:
- von kalten Medien durchflossene, nicht-isolierte Rohrleitungen und Armaturen
- Tanks und Behälter
- kalte Gebäude- und Maschinenbauteile
Eine Kondensatbildung durch fehlende Kontrolle der Luftfeuchte kann für den Betreiber eine ganze Reihe negativer Folgen nach sich ziehen, welche bis hin zur Betriebsunterbrechung reichen und meist nur unter hohem Kostenaufwand beseitigt werden können. Die Auswirkungen einer Kondenswasserbildung sind vielfältig. Der folgende Artikel konzentriert sich daher auf die wesentlichen Problemstellungen und zeigt auf, wie eine Taupunktunterschreitung als deren Ursache durch den Einsatz eines Taupunktwächters anstatt eines Hygrostaten effektiv und energiesparend zu vermeiden ist.
Hygiene und Betriebssicherheit
Kondenswasser, welches sich in Folge einer Unterschreitung des Taupunktes auf kalten Rohrleitungs- und Behälteroberflächen bildet, sammelt sich an schwer zugänglichen Stellen oder tropft auf die Bodenflächen. Der dadurch entstehende, oft sehr dünne und unsichtbare Wasserfilm bildet einen idealen Nährboden für Schimmelpilze und sonstige Mikroorganismen. In hygienesensiblen Bereichen kann dies bis hin zu einer Betriebsschließung führen. Nasse Laufwege führen zudem zu einer hohen Unfallgefahr für das Betriebspersonal und somit zu einer Beeinträchtigung der Betriebssicherheit.
Korrosion
Die hier beschriebene atmosphärische Korrosion zeigt sich in der Praxis als Rostbildung und beschreibt, einfach ausgedrückt, die Reaktion eines metallischen Werkstoffs mit seiner Umgebung, welche zu einer messbaren Veränderung des Werkstoffs führt. Sich aus der Luft auf den Anlagenbauteilen auskondensierender Wasserdampf, welcher sich dort als Wasserfilm formiert, spielt hierbei eine wesentliche Rolle, da atmosphärische Korrosion grundsätzlich nur bei einem vorhandenen Flüssigkeitsfilm ablaufen kann. Durch atmosphärische Korrosion werden Rohrleitungen, Armaturen und andere metallische Bauteile wie z. B. Behälterwandungen angegriffen. Die hierbei ablaufenden Prozesse seien wie folgt, stark vereinfacht, anhand der Teilreaktionen dargestellt:
Eine Korrosionsreaktion besteht demnach aus einer Oxidations- (Abtragung der Metall-Ionen) und einer Reduktionsreaktion, die gleichzeitig auf der Oberfläche ablaufen. Bei der atmosphärischen Korrosion ist die kathodische Teilreaktion meistens die Sauerstoffreduktion.
Unbehandeltes Eisen beginnt bereits bei ungesättigter Luft zu rosten, wobei die Korrosionsgeschwindigkeit allmählich zwischen 30 und 60 % r. F. zunimmt und dann rasant ansteigt, wie in dem nachfolgenden Diagramm von Vernon eindrucksvoll dargestellt.
Schutzanstriche verzögern diesen Effekt, müssen jedoch äußerst sorgfältig auf einer einwandfrei vorbehandelten Oberfläche aufgetragen werden, was in der Praxis häufig nicht der Fall ist. Bei ungenügend ausgeführten Schutzanstrichen diffundiert der in der Luft enthaltene Wasserdampf durch diese bis auf die Metalloberfläche hindurch, sodass auch hier früher oder später eine Korrosion stattfindet. Ein sichtbares, häufig anzutreffendes Zeichen für die Wasserdampfdiffusion durch den Schutzanstrich ist das Abblättern desselben.
In der Raum- oder der einströmenden Außenluft enthaltene chemische Stoffe, wie z. B. Schwefel, Ozon oder Salze, beschleunigen die vorher genannten Reaktionen zum Teil enorm, selbst auf Edelstahlrohren und -Komponenten kann es daher zu Korrosion mit all ihren negativen Folgen kommen.
Dies macht deutlich, dass die Bildung eines Wasserfilms durch auskondensierende Luftfeuchte, auch bei Einsatz von Schutzanstrichen und Edelstahl, unbedingt vermieden werden muss.
Vermeidung der Taupunktunterschreitung durch den Einsatz von Luftentfeuchtungssystemen
Den bereits dargestellten negativen Auswirkungen einer Kondensatbildung durch Unterschreitung des Taupunkts auf Oberflächen und Rohrleitungen kann durch den Einsatz von Luftentfeuchtungssystemen wirksam begegnet werden.
Ein wirksamer Schutz vor Kondensatbildung kann durch folgende Regelungsarten erzielt werden:
1. Absenkung des Taupunkts durch Trocknung der gesamten Raumluft, Ansteuerung über Hygrostat
Das Luftentfeuchtungssystem wird hierbei über einen Hygrostaten derart angesteuert, dass der Taupunkt, d.h. die absolute Feuchte der Raumluft, unterhalb eines bestimmten Grenzwerts gehalten wird. Dadurch wird eine Auskondensierung des in der Luft enthaltenen Wasserdampfs auf kalten Oberflächen vermieden. Als Regelgröße wird die relative Luftfeuchte der Raumluft herangezogen. Das Luftentfeuchtungssystem wird hierbei auf die maximale, rechnerisch ermittelte Feuchtelast ausgelegt. Die folgende Abbildung zeigt die anzustrebenden Luftzustände in Abhängigkeit verschiedener Oberflächentemperaturen der zu schützenden Komponenten auf:
Gemäß dem Beispiel müsste zur Vermeidung einer Taupunktunterschreitung bei einer Oberflächentemperatur von 10 °C (beispielsweise von einer wasserführenden Rohrleitung) und einer Raumtemperatur von 15 °C am Hygrostaten eine relative Luftfeuchte von max. 62,5 % r. F. eingestellt werden, was einem Taupunkt der Raumluft von 2 K unterhalb der Oberflächentemperatur entspricht.
Wie aus dem obigen Diagramm gut sichtbar wird, ist die notwendige Veränderung des angestrebten Taupunkts der Raumluft bei steigender Temperatur. Dies bedeutet schlussendlich nichts anderes, als dass der Sollwert am Hygrostaten entsprechend angepasst werden müsste, was in der Praxis meist nicht der Fall ist. Wird hier nicht nachgeregelt, kann es zu Taupunktunterschreitung und entsprechender Kondensatbildung kommen. Wird der Sollwert am Hygrostaten niedriger eingestellt als zur Vermeidung einer Taupunktunterschreitung eigentlich notwendig, führt dies zu unnötig langen Gerätelaufzeiten mit einem entsprechenden Energieaufwand. Kennzeichnend für diese Auslegungsmethode ist zudem, dass die Entfeuchtungssysteme auf die ungünstigsten Raumluftkonditionen ausgelegt werden, welche, wenn überhaupt, nur sehr selten im Jahresverlauf auftreten. Die Entfeuchtungssysteme sind dann ausreichend, für den Großteil der Betriebszeit jedoch überdimensioniert ausgelegt.
In vielen Fällen ist eine Regelung des Taupunktes der Raumluft über eine Hygrostatsteuerung unabdingbar, so z. B. dann, wenn sich im Raum befindliche elektronische Anlagen geschützt werden müssen, bei häufiger, ungeregelter Außenluftzufuhr oder wenn zusätzliche Feuchtelasten, z. B. durch Reinigungsarbeiten, in den Raum eingebracht werden.
2. Absenkung des Taupunktes direkt auf der zu schützenden Oberfläche, Ansteuerung über Taupunktwächter
Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen lässt sich eine Taupunktunterschreitung wirksam unterbinden, ohne dass der Taupunkt des gesamten Raumluftvolumens abgesenkt werden muss, was insbesondere im Hinblick auf die stetig steigenden Preise, für die zum Betrieb der Luftentfeuchtungssysteme benötigte elektrische Energie, zu enormen Kosteneinsparungen führen kann.
Dies wird durch den Einsatz Taupunktwächters anstatt eines Hygrostaten erreicht. Hierbei wird der Taupunktwächter direkt auf einem von Taupunktunterschreitung gefährdeten Anlagenteil montiert. Dies kann z. B. eine Rohrleitung sein, die Medien mit einer niedrigen Temperatur führt, oder die Außenwandung eines Behälters. Im Gegensatz zu der Einstellung eines, für die Taupunktabsenkung der gesamten Raumluft erforderlichen Sollwertes von < 60 % r. F., welcher idealerweise temperaturabhängig permanent angepasst werden sollte, ist eine Einstellung des Taupunktwächters auf ca. 80 % r. F. vollkommen ausreichend, da dieser die relative Feuchte direkt auf der Oberfläche des zu schützenden Bauteils misst.
Das Luftentfeuchtungssystem geht dementsprechend nur dann in Betrieb, wenn auf der zu schützenden Oberfläche unmittelbar eine tatsächliche Taupunktunterschreitung droht. Dementsprechend erfolgt eine massive Reduzierung der Betriebszeit des Entfeuchtungssystems.
Einsetzbar ist diese Methode, wenn keine weiteren Feuchtelasten vorhanden sind und keine generelle Absenkung der Raumluftfeuchte erforderlich ist.
Berechnungsbeispiel
In einem Raum einer Wasserversorgungseinrichtung mit einem Raumvolumen von 900 m3, einer Temperatur von 15 °C und einer Raumluftfeuchte von 90 % r. F., sollen die mit kaltem Frischwasser durchflossenen Rohrleitungen vor Kondensatanfall geschützt werden. Die Wassertemperatur beträgt 9 °C. Der Raum ist dicht, es sind keine weiteren Feuchtelasten vorhanden.
Erforderliche Angaben:
V
R = 900 m
3 ; t
R= 15 °C; φ
R= 80 % r. F.; tO= 9 °C (Oberflächentemperatur der Rohrleitung)
Aus nebenstehendem h,x-Diagramm können folgende Werte abgelesen werden:
x
R = 8,5 g
W/kg
tr.Luft
t
TP,R= 11,5 °C (Taupunkttemperatur bei tR= 15 °C und φ
R = 80 % r. F.)
x
O = 7,1 g
W/kg
tr.Luft (Sättigungsgehalt bei t
O = 9 °C und φ = 100 % r. F.)
An der Oberfläche der Anlagenteile kondensiert somit die Differenz von x
R – x
O aus:
Δx = x
R – x
O = (8,5 – 7,1) g
W/kg
tr.Luft = 1,4 g
W/kg
tr.Luft
Um ein Auskondensieren des Wasserdampfes auf den Anlagenteilen zu vermeiden,
ist eine Entfeuchtung auf eine Taupunkttemperatur von 2 K unterhalb der
Oberflächentemperatur vorzunehmen.
Berechnung:
x
TP,SOLL = 6,2 g
W/kg
tr.Luft (Sättigungsgehalt bei
t
TP,SOLL = 7 °C und φ = 100 % r. F.)
Δx
SOLL = x
R – x
TP,SOLL = (8,5 – 6,2) g
W/kg
tr.Luft
= 2,3 g
W/kg
tr.Luft
Somit ergibt sich eine Entfeuchtungsleistung von
LE = 1,2 kg/m
3 x 900 m
3 x (8,6 – 6,3) g
W/kg
tr.Luft
= 2484 g
W/h
= 2,48 kg/h
Ergebnis: Das auszuwählende Luftentfeuchtungssystem muss eine Entfeuchtungsleistung von 2,48 kg/h bzw. 59,5 kg/d bei 15 °C und 80 % r. F. aufweisen.
Durch die Auslegung auf einen Sollwert von 80 % r. F. auf der Rohroberfläche wird zum einen gewährleistet, dass das Luftentfeuchtungssystem nur bei unmittelbarem Bedarf, d.h. bei drohender Kondensatbildung, in Betrieb geht. Zum anderen kann es ggf. deutlich kleiner dimensioniert werden, als bei einer permanenten Absenkung des Taupunkts des gesamten Raumluftvolumens.
Fazit
Welch enormes Energieeinsparpotenzial eine professionelle und anwendungsgerechte Auslegung in Kombination mit der entsprechenden Regelstrategie bietet, zeigt der folgende Vergleich einer bedarfsoptimierten Taupunktregelung gegenüber einer Regelung der Raumluftfeuchte über einen Hygrostaten für einen Gewerbebetrieb.
Wie an der abgebildeten Grafik deutlich wird, konnte die Laufzeit des Luftentfeuchtungssystems allein durch Neuauslegung und Umrüstung auf einen Taupunktwächter um gute 5.000 Stunden pro Jahr reduziert werden. Bei einer durchschnittlichen elektrischen Leistungsaufnahme des Luftentfeuchtungssystems von 1,5 kWh und einem Strompreis von 23 Cent/kWh entspricht dies einer Einsparung von 1.725 EUR/a.
Dies macht deutlich, welche enormen Einsparpotenziale sich hinsichtlich Kosten- und Energieeffizienz eröffnen, wenn die konkrete Anwendung bereits frühzeitig in der Planungs- bzw. Beschaffungsphase berücksichtigt und formuliert wird. Dazu sollte ein Fachmann für Luftentfeuchtungstechnik hinzugezogen werden, der bei der wichtigen, aber oft nicht ganz einfachen Evaluierung der vorhandenen Gegebenheiten und der sich daraus ableitenden Auswahl, nicht nur des Entfeuchtungssystems, sondern auch des dazugehörigen, anwendungs- und bedarfsgerechten Regelkonzepts, unterstützt.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Achenbach
Market Development Manager Central Europe
Condair GmbH
Quellennachweise:
Planungsleitfaden für Luftentfeuchtung, Dipl.-Ing Klaus Achenbach, Condair GmbH, Garching 2016
Merkblatt W 621, DVGW Deutscher Verein des Gas und Wasserfaches, Eschborn 1993
Heizung und Entfeuchtung in Wasserwerken, Dipl.-Ing. H. Thiekötter, VÖ unbekannt