Magazin Luftfeuchte 2022 Oktober 01

Autor:
Maximilian Viehbacher

Die optimalen Luftfeuchte für Orgeln


Liebe Leserinnen,
Liebe Leser

eine der schönsten – weil nahbaren – Orgeln, die in den vergangenen Jahren entstanden sind, ist die Ausnahmeorgel der Hamburger Elbphilharmonie. Das in Handarbeit für 2 Millionen Euro gefertigte Instrument kann auf mehrere Ebenen von interessierten Musikliebhabern besichtigt und darf sogar angefasst werden. Die beeindruckende Musik, die aus den 4.765 Pfeifen erklingt, soll damit erlebbar und die Technik dahinter für jeden verständlich werden. Damit sie über viele Jahrzehnte weiterhin perfekten Musikgenuss bietet, ist jedoch einiges zu beachten.

Ob nun Elbphilharmonie-Orgel in Hamburg mit ihren insgesamt 69 Registern oder ein einfaches Instrument mit 10 Orgelregistern in einer kleinen Dorfkirche, sie haben zwei Dinge gemeinsam: Orgeln brauchen a) Menschen, die sie spielen und verstehen lernen und b) Raumbedingungen, unter denen sie optimal funktionieren. Eine Orgel ist meist ein fest verbautes Instrument. Das bedeutet, sie ist nicht transportabel und damit an den Aufstellort und dessen Rahmenbedingungen gebunden. Ihre wichtigsten Klangelemente sind Holz, oft Eichenholz, und Metall, eine Mischung aus Zinn und Blei, für die Pfeifen. Darüber hinaus kommen je nach Orgelbauer und Bauzeit zusätzlich Orgelpfeifen aus Fichtenholz zum Einsatz.

Luftfeuchte und Temperaturschwankungen im Blick behalten

Als „Königin der Instrumente“, wie sie landläufig genannt wird, unterliegt die Orgel dennoch stets den bauphysikalischen Besonderheiten der Werkstoffe, aus denen sie gefertigt wurde, ebenso der Architektur, in der sie installiert ist. Holz schwindet und quillt (hygroskopische Wirkung), Metall verformt sich in Kälte und Wärme und korrodiert. Hinzu kommen besondere Herausforderungen an das Instrument, die im Einbauort begründet sind: Alte Gemäuer unterliegen ganzjährig starken Temperaturschwankungen zwischen dem Außen- und Innenraum. Damit verbunden sind sich stetig verändernde Luftfeuchtewerte im Aufstellraum einer Kirche oder eines Konzertsaals. Durch die Besucher eingetragener Wasserdampf (Atemluft) erhöht die eingetragene Feuchtigkeit zusätzlich. Zu trockene Raumluft wiederum entzieht dem Instrument langfristig Feuchtigkeit aus den hölzernen Klangböden und kann so einen Defekt mit aufwendiger sowie teurer Reparatur bedeuten.

Aufbau einer Orgelpfeife


Daher ist es umso wichtiger, die meist historischen und wertvollen Instrumente nachhaltig zu schützen. Für Orgeln in Konzerthallen oder Kirchen muss die Feuchtigkeit in den Orgelkammern auf einem konstanten Niveau bleiben, um die hölzernen Klangböden und Schieber vor allem vor Verformung zu schützen. Ist hier die Luft beispielsweise zu trocken, gibt das Holz die im Material gespeicherte Feuchtigkeit ab, schwindet, reißt und verformt sich. Die Schieber der Orgelregister können dann verkanten und das Orgelspiel behindern oder sogar zum Totalausfall führen. Verändern sich die hölzernen Klangböden nachhaltig im Instrument, kann die Luft außerdem nicht korrekt widerhallen und die Orgel ist verstimmt.

Einfache Maßnahmen mit dennoch großer Wirkung

Grundsätzlich empfohlen wird eine Luftfeuchte von 55 % r. F. und die kontinuierliche Messung der Luftfeuchtigkeit mit einem Hygrometer sowie die Temperaturmessung mit einem Temperaturfühler am oder besser im Instrument. Hinzu kommt eine regelmäßige Sichtprüfung, die vom versierten Organisten selbst oder im Zuge einer regelmäßigen Wartung vom Orgelbauer übernommen wird. Sind hier Veränderungen wie Korrosion an den Orgelpfeifen oder metallischen Zungenblättern oder Schwindrisse festzustellen, ist eine schnelle Reaktion nötig. Denn allein das Ablüften des Instruments hilft nicht mehr.

Die Gefahr von Schäden durch zu trockene Luft besteht dabei vor allem im Winter, wenn die Außenluft nur wenig Feuchtigkeit enthält und sich durch das Aufheizen im Innenraum die relative Luftfeuchtigkeit zusätzlich absenkt. Wird 0 °C kalte Winterluft, die pro Kilogramm Luft nur 2 g Wasser enthält, auf 20 °C erwärmt, so senkt sich die relative Luftfeuchte auf 14 % r. F. ab. Die Luft muss also aktiv befeuchtet werden, um den idealen Wert von 55 % r. F. auch im beheizten Raum beizubehalten.










Alle Register gezogen: das Fazit

Um eine Orgel in voller Schönheit und Klang zu erhalten oder mit einem neuen Instrument über viele Generationen die Musikliebhaber zu begeistern, steht vor allem die stetige Wartung im Vordergrund. Sie sollte alle 10 bis 15 Jahre, je nach Verschmutzungsgrad und Standort, erfolgen. Zwischen den Wartungsintervallen sind ergänzend alle, die das Instrument kennen sowie schätzen, gefordert, auf Klangfarbe, Harmonie, mechanische oder optische Veränderungen der Orgel zu achten. Werden dabei Schäden sichtbar, ist schnelles Handeln wichtig, um kostenintensive Reparaturen zu vermeiden. Mit einer einfachen mechanischen Lüftung sowie einer möglichst gleichbleibenden Luftfeuchte von ca. 55 % können Orgeln über viele Jahrhunderte hervorragend klingen.

Mit freundlichen Grüßen

Maximilian Viehbacher
Condair GmbH
Fachbroschüre Luftfeuchte in Museen

ISBN-Nummer: 9783981761832
Erschienen: 01. September 2019
Seiten: 24
Kosten: 12,95 Euro

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