Mit optimaler Luftfeuchte
Krankenhaus-Infektionen senken
In den USA und in Europa sind Fehler in der stationären medizinischen Versorgung die sechsthäufigste Todesursache
(1). Ein signifikanter Teil dieser erschreckenden Statistik sind Todesfälle aufgrund neuer Infektionen,
sogenannter nosokomialer Infektionen oder therapieassoziierter Infektionen (Krankenhaus-Infektionen),
die Patienten erst im Krankenhaus bekommen. Mindestens 10 % aller Patienten, die zur Behandlung
eine stationäre Einrichtung betreten, entwickeln eine Krankenhaus-Infektion (2). Tragischerweise sterben
allein in den USA jährlich mehr als 100.000 Menschen an diesen Infektionen. Welche Umweltfaktoren tragen
zu dieser Situation bei und was können wir noch tun, um die Epidemie
zu kontrollieren?
Krankenhaus-Infektionen
Die heutigen Methoden der Infektionsbekämpfung in Krankenhäusern konzentrieren sich weitgehend
auf
die Hand-, Instrumenten- und Oberflächenhygiene sowie auf Mund- und Gesichtsschutz. Diese Vorgehensweisen
darauf zielen darauf ab, die Übertragung durch Kontakt und Verteilung von Sprühtröpfchen aus kurzer
Distanz aufzuhalten. Sie stoppen jedoch nicht die feinen Tröpfchen in Aerosolgröße, die infektiöse Mikroorganismen
über beachtliche Distanzen und längere Zeiträume an
die Luft abgeben können.
Epidemiologen sind sich einig, dass trotz der strengen Oberflächenhygienemaßnahmen zur Kontrolle der
Krankenhaus-Infektionen die Zahl der verzeichneten Fälle in den letzten 20 Jahren um 36 % gestiegen ist
und jedes Jahr weiterwächst. Im Freien ist das Ansteckungsrisiko für virale oder bakterielle Erkrankungen
äußerst gering. Die Erreger werden in der unendlichen Luftmenge rasch verdünnt. Anders verhält es sich in
geschlossenen Räumen. Dort sind wir einer beschränkten Zuluft ausgesetzt und teilen diese Atemluft miteinander.
In Krankenhäusern herrscht in vielen Bereichen ein erhöhtes Risiko für eine sogenannte nosokomiale
Infektion, also eine Ansteckung mit Keimen, die der Patient nicht mitbringt, sondern mit denen er
erst im Krankenhaus in Kontakt kommt. Um diese Ansteckungsgefahr gering
zu halten, ist eine Behandlung
der Raumluft erforderlich.
Aber warum ist das so?
Es ist interessant, dass sowohl eine trockene Raumluft das Überleben von Viren und Bakterien begünstigt,
also wenn die relative Luftfeuchte unter 40 % fällt, als auch dann, wenn sie zu feucht ist (Werte über 60 %).
Infektionen der Atemwege nehmen grundsätzlich bei trockener Luft zu. Es ist wissenschaftlich erwiesen,
dass die optimale relative Luftfeuchte für den Menschen in einem Bereich zwischen 40 und 60 % liegt. Die
Raumluft muss so konditioniert sein, dass Erreger praktisch keine Überlebenschancen haben. Dafür maßgeblich
sind die Temperatur und die Einstellung der relativen Feuchte auf Werte zwischen 40 und 60 %. Abhängig
von der Jahreszeit muss angesaugte Außenluft
in einer Zentralklimaanlage dafür be- oder entfeuchtet
werden. Wie funktioniert das?
Verkrustete Aerosol-Tröpfchen
Zu trockene Raumluft mit einem relativen Feuchteanteil von unter 40 % lässt die winzigen Tröpfchen, die
mit Grippe- oder Erkältungsviren belastet sind, eintrocknen. Sie schrumpfen dann auf Größen bis 0,5 μm.
Gleichzeitig erhöht sich deren Salzkonzentration so stark, dass sich in der trockenen Atmosphäre eine regelrechte
Kruste um die Aerosole bildet. So wird die Überlebensfähigkeit der Keime im Inneren der Tröpfchen
sowie die Schwebefähigkeit der Tröpfchen maximiert. Sie können bis zu 41 Stunden „überleben“. Wer also
erkältet ist und in einem zu trockenen Raum hustet oder niest, erzeugt
eine Kontaminationsatmosphäre,
die annähernd zwei Tage überdauern kann.
Je kleiner, desto tiefer
Wir kennen außerdem den Zusammenhang der Größe von Aerosolen – also kleinsten schwebefähigen Partikeln
in der Luft – und ihrer Eindringtiefe in unseren Organismus mittlerweile sehr genau. In den Nasen-
Rachen-Raum beispielsweise gelangen Aerosole in Größenordnungen von 10 bis 5 μm. Je kleiner sie sind,
desto tiefer dringen sie ein. Aerosole, die bis in die kleinen Lungenbläschen gelangen können, sind nur noch
0,1 bis 1 μm groß (sogenannte Alveolen). In gut befeuchteten Räumen bleiben die Aerosol-Tröpfchen mit
Durchmessern bis 100 μm vergleichsweise groß. Ihre Schwebefähigkeit ist damit stark eingeschränkt. Sie
sinken langsam zu Boden und können dann nicht mehr eingeatmet werden.
Eindringtiefe von Aerosolen in die Atemwege
Einatembare Fraktion
10 - 5 µm Nasen-Rachenraum
5 - 3 µm Luftröhre
Thorale Fraktion
(Aerosole, die bis in die Bronchien gelangen)
3 - 2 µm Bronchien
2 - 1 µm Bronchiolen
Alveolengängige Fraktion
(Aerosole, die bis in die Lungenbläschen gelangen)
1 - 0,1 µm Alveolen (Lungenbläschen)
Korrelation zwischen der relativen
Luftfeuchte und Krankenhaus-Infektionen
Wissenschaftliche Literatur und Patientenerfahrungen machen deutlich, dass sich trotz der aktuellen Methoden
der Infektionsbekämpfung mindestens 5 von jeweils 100 stationären Patienten eine neue Infektion
oder eine Krankenhaus-Infektion zuziehen. Diese schweren und weitgehend vermeidbaren Krankenhaus-Infektionen,
die die Heilung von Patienten und ihr Überleben in höchstem Maße
gefährden, töten weltweit
mehr Menschen als AIDS, Brustkrebs und Autounfälle zusammen.
Der Chirurg und Experte zum Thema Patientensicherheit Dr. Atul Gawande bezeichnet die Opfer von Krankenhaus-
Infektionen als „die 100.000 Leben, die wir am einfachsten retten können“, weil kein neues Heilmittel
notwendig ist. Wir müssen uns fragen, ob es Einrichtungs-Managementstrategien gibt, die uns fehlen.
Kürzlich wurde eine Studie in einem neu erbauten Universitätskrankenhaus mit ca. 250 Betten in den USA
durchgeführt. Über einen Zeitraum von 13 Monaten wurden in 10 Patientenzimmern stündlich Raumtemperatur,
absolute und relative Luftfeuchtigkeit, Beleuchtungsstärke (Lux), Raumluftänderungen, Teile der
Außenbelüftung und Kohlendioxidgehalt gemessen. Während des gleichen Zeitraums wurden elektronische
Akten von Patienten, die diesen Zimmern zugewiesen waren, in Bezug auf das Vorhandensein von
Krankenhaus-Infektionen analysiert. Beim Vergleich aller aufgezeichneten und mit Patienten-Ergebnissen
korrelierten Umgebungsmessungen wurde festgestellt, dass die relative Luftfeuchtigkeit im Raum der entscheidende
Faktor in Bezug auf die Krankenhaus-Infektions-Raten ist. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass
die relative Luftfeuchte im Patientenzimmer umgekehrt proportional zu den Krankenhaus-Infektionen war.
Mit anderen Worten: Wenn die relative Luftfeuchte im Raum anstieg, sank die Rate der Krankenhaus-Infektionen
bei Patienten.
Technische Umsetzung
Doch wie lässt sich das technisch umsetzen? In Krankenhäusern kommt unter allen verfügbaren technischen
Lösungen zur Luftbefeuchtung nur die Luftbefeuchtung mit Dampf infrage. Elektrische Dampfluftbefeuchter
erzeugen eine absolut keimfreie Raumluftfeuchte, da das verwendete Wasser auf Siedetemperatur
erhitzt wird, dem kein Krankheitserreger standhält. Dafür kann vorhandenes, mineralfreies oder
herkömmliches Leitungswasser verwendet werden. Ein weiterer Aspekt, der für die Luftbefeuchtung mit
Dampf spricht, sind die in Krankenhäusern bereits vorhandenen Dampfverteilnetze, die zur Sterilisierung
oder zu Reinigungszwecken benötigt werden. Dampfluftbefeuchter können in jede bestehende Zentralklimaanlage
integriert oder in den meisten Fällen auch nachgerüstet werden. Sie sind gut zu reinigen und
zu warten. Für die gleichmäßige Einbringung und Verteilung des Dampfs in den Luftstrom ist es besonders
wichtig, die Befeuchtungsstrecke richtig auszuführen. Sie setzt sich zusammen aus der Nebelzone
und der anschließenden Expansions- und Vermischungszone. Bei richtiger Bemessung sind Kondensationserscheinungen
innerhalb der Luftleitungen ausgeschlossen. Außerdem erreichen dann keine Wasseraerosole
den Filter.
Fazit
Eine konstante relative Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 60 % verhindert, dass Tröpfchen eintrocknen
und eine Salzhülle bilden. Viren und Keimen wird damit die Überlebensgrundlage entzogen – sie sind innerhalb
weniger Minuten inaktiv.
Quelle:
(1) Anderson R.N. 2005. Deaths: leading causes for 2002. National Vital Statistics Reports 53(17), 67‐70.
(2) Classen D.C, Roger R, Griffin F, Federico F, Frankel T, Kimmel N, Whittington J.C, Frankel A, Seger A,
James, B. 2011. ‘Global Trigger Tool’ Shows That Adverse Events In Hospitals May Be Ten Times Greater
Than Previously Measured. Health Affairs, 30(4), 581–589.