Magazin Luftfeuchte 2022 MÄR 02

Autor:
Dr. Rudolf Hüster
Microbiologe, Scienticon

Luftübertragene Infektionen

Zur Zeit hält die Corona Pandemie die ganze Welt in Atem. Verursacher ist ein Virus, der früher nur sommerliche Erkältungen verursacht hat. Durch Springen von einem Flughund auf ein Schuppentier und von dort auf den Menschen ist es zu einem ernsthaften, hoch ansteckenden Virus mutiert: SARS-CoV-2. Diese Viren infizieren zur Zeit überwiegend Menschen und verbreiten sich mit jeder neuen Variante schneller und erfolgreicher. Sie lösen die Erkrankung COVID-19 aus.

Trotzdem sind Viren nichts Lebendes. Unvorstellbar: Sie haben keinen Stoffwechsel, der sie mit Energie versorgt, keine Zellorganellen, nichts mit dem sie sich bewegen können, keinen Empfang von Signalen und keine Empfindungen.


Sie leben nicht - Viren sind keine Lebewesen

Nur etwas Informatin auf DNA oder RNA in einer Hülle. Fast ein Gegenstück zu Computerviren. Aber außergewöhnlich wirksam. Trifft ein Virus auf eine passende Zelle, bindet er mit speziellen Kontakten an die Oberfläche. Bei Corona sind es die Spikes aus Eiweißen, die wie Ärmchen auf dem Virus sitzen und sich ständig verändern. Jede neue Variante bindet zur Zeit schneller und erfolgreicher an die Zielzellen als die Vorgänger.

Nach erster Bindung an das Virus, entert das Virus die Wirtszelle und sucht den Zellkern auf. In dieser zentralen Steuereinheit werden vom Virus alle normalen (notwendigen) Aktionen gestoppt und nur noch die Produktion von Viren zugelassen.

Die Zelle produziert jetzt nur noch Viren: Sie vervielfältigt die Viren-Erbinformation, baut Hüllen, Spikes und setzt alles zum kompletten Virus zusammen. Die Zelle füllt sich mit Viren und schwillt unablässig an, bis sie platzt. Tausende von neuen Viren werden frei und können andere Zellen infizieren.

Unterbrochen wird dieser Prozess nur, wenn keine gesunden Zellen mehr verfügbar sind oder immunkompetente Zellen die Viren fressen oder sie mit Wasserstoffperoxid-Beschuß eliminieren. Diese immunkompetenten Kampfzellen werden nach einer überstandenen Infektion (genesen) oder Impfung gebildet.

Ein erfolgreiches Virus hat nur eine Strategie: Möglichst viele Zellen infizieren. Je schneller die Ansteckung gelingt, desto besser für das Virus. Deshalb werden die Andockspikes ständig optimiert. Ein Effekt den man bei Corona Type Delta und Typ Omicron beobachten kann.


Entscheidend für den Zellbefall ist die Eintrittspforte in den Körper

Da die normale Haut sehr fest und dicht ist, bleibt nur ein Eindringen über Wunden. Die Schleimhäute in unserem Körper dagegen verfügen zwar auch über Schutzmechanismen, sind aber leichter zu Durchdringen. Besonders die Atemwege sind für eine Infektion ideal. Ein Weg über Speiseröhre und Magen wird dagegen durch die aggressive Magensäure verhindert. Deshalb wählen auch Darmviren den Weg über die Atemwege.

Wenn eine erkrankte Person die Viren in den Schleimhäuten von Nase, Mundhöhle, Rachen und oberen Atemwegen kultiviert, werden ständig Viren über Aerosole an die Raumluft abgegeben und dann in die Atemwege verschleppt.

Infektiöser Speichel und flüssiges Nasensekret gelangen über Handkontakt auf Schlüssel, Türklinken, Lichtschalter, Oberflächen und Gegenstände. Sie können dort eine gewisse Zeit infektiös bleiben. Um das zu verhindern, praktizieren wir Händedesinfektion und Desinfektion aller kontaktierter Oberflächen.

An den meisten Infektionen ist der Mensch direkt beteiligt. Deshalb Hände desinfizieren, Abstand halten und wenige körperliche Kontakte praktizieren. Das Tragen funktionsfähiger und dicht anliegender Masken reduziert die Verbreitung und Aufnahme von infektiösen Aerosolen deutlich. Die größte Ansteckungsgefahr besteht in Innenräumen. Dort, wo die Menschen auf engstem Raum zusammen sind. Mit zu wenig Lüftung, und zu wenig Abstand zueinander. Oft auch noch bei generell zu geringen Raumluftfeuchten.







Maßnahmen zur praktikablen, aktiven Verminderung der Virusanzahl in der Raumluft gibt es wenig

Natürlich kann man Viren aus der Luft herausfiltern. Sie sind groß genug und stecken in Aerosolen. Hochleistungsfilter, sogenannte HEPA Filter, filtern die Luft in Reinräumen der Industrie. Aber die Luft muss mit hohen Drücken durch die Filter gedrückt werden und die Filter sind schnell belegt und nicht mehr brauchbar. Auch chemisch kann man das Virus bekämpfen. Mit den fast gleichen Mitteln, die unsere körpereigenen immunkompetenten Kampfzellen verwenden. Mit der Dosierung von Ozon in die Raumluft. Aber Ozon muss sehr präzise dosiert werden. Etwas zu hoch dosiert bekommen die Personen im Raum Kopfschmerzen. Ausversehen, bei einer Störung mit zu hoher Dosierung, kann Ozon unsere Lunge schädigen. Zu niedrig dosiert reinigt Ozon unsere Raumluft und beseitigt Gerüche, kann aber das Virus nicht beseitigen. Deshalb kommt die Raumluftfeuchte ins Spiel. Obwohl sie ungiftig ist, spielt sie eine wichtige Rolle bei dem Infektionsgeschehen.

Trockene Luft im Raum bewirkt, dass sich der Durchmesser der Aerosole verringert und sie länger in der Luft treiben, also gut eingeatmet werden können. Das Infektionsrisiko steigt mit dem Grad der Trockenheit, also mit einer geringen Luftfeuchtigkeit, an.

Bei mittleren relativen Luftfeuchtigkeiten (40 bis 60%) bleibt die Aerosolgröße und die Absetzgeschwindigkeit relativ gleich. Das Infektionsrisiko bleibt konstant, aber relativ niedrig. Wenn die relative Feuchtigkeit aber 80 bis 90% übersteigt wird zusätzlich Wasser in das Aerosoltröpfchen aufgenommen. Dadurch steigt die Aerosolgröße schnell an, was zu einer höheren Absetzgeschwindigkeit führt und Oberflächen kontaminiert. Dadurch steigt das Infektionsrisiko wieder an.

Eine wirkungsvolle Raumklimatisierung soll neben einem ausreichenden Luftaustausch die mittlere relative Luftfeuchtigkeit in einem Bereich von 40 bis 60% r.F. halten. Damit bleibt die Aerosolgröße relativ niedrig und das Infektionsrisiko auf einem relativ niedrigen Niveau.
Planungsbroschüre: Hygiene

ISBN-Nummer: 978-3981761801
Erschienen: 01. November 2015
Seiten: 24
Preis: 12,95 Euro

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